DECISION THEATER

Klimafreundliche Mobilität für alle

von Sarah Wolf und Carina Pukade

(alle Bilder: © C. Pukade)

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Zollverein lud das Global Climate Forum am 19. und 20. September 2020 im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche unter dem Motto „Klimafreundliche Mobilität für alle“ zu zwei Decision Theatres in Essen ein. Diskutiert wurde zu zwei Schwerpunkten:

Wie kann eine Wende zu klima- und umweltfreundlicher Mobilität gelingen?

und

Wie kann eine Verkehrswende auf soziale Aspekte eingehen?

Beide Veranstaltungen lebten von einem regen Austausch zwischen Expert*innen und Bürger*innen aus dem Ruhrgebiet.

Beide Tage wurden durch Inputs von Expert*innen im Ruhrgebiet bereichert. Sara Klemm und Paula Ruppert vom Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung (imobis) der Universität Duisburg Essen gaben am Samstag einen Überblick über ihre Forschungsarbeit. Am Sonntag stellte Klaus Kordowski von der Stiftung Mercator Herausforderungen und Chancen des Ruhrgebiets vor und wies auf soziale Ungleichheiten im derzeitigen Mobilitätssystem hin.

Es wurde diskutiert, wie Essen das Ziel, den Modal Split auf 25% pro Verkehrssektor (ÖPNV, Radverkehr, Zufußgehen, motorisierter Individualverkehr) anzuheben bzw. zu senken, erreichen kann. Einig waren sich an beiden Veranstaltungstagen alle darüber, dass der ÖPNV bisher keine attraktive Alternative zum eigenen Auto ist. Das liegt an mangelnder Zuverlässigkeit, den Kosten, aber vor allem an der schlechten Vernetzung der Städte untereinander. Bei 12 Minuten mit dem Auto sind 75 Minuten mit den Öffentlichen keine ernstzunehmende Alternative. Auch zum Thema Fahrradfahren werden laut den Teilnehmenden die bisher umgesetzten (Teil-)Ziele im Ruhrgebiet verfehlt. Als Beispiel wurde die Rüttenscheider Straße in Essen genannt. Hier wurde eine Fahrradstraße eingerichtet (d. h. Fahrräder haben Vorfahrt) – tatsächlich herrsche dort aber „Krieg“ zwischen Autos und Rädern.

Dann wurde das von GCF entwickelte agentenbasierte Mobilitätswendemodell (Mobility Transition Model, kurz MoTMo) vorgestellt. Mit diesem Modell kann das Publikum selbst  Szenarien ausprobieren und auf den Bildschirmen visuell vergleichen.

In Gruppen stellten die Teilnehmenden MoTMo Szenarien zusammen um auszutesten, welche Auswirkungen aus den Kategorien „Verordnungen“, „Investitionen“ und „Ereignisse“ gewählte Aspekte auf die Emissionsbilanz des Verkehrs, die Infrastruktur von E-Auto-Lademöglichkeiten oder beispielsweise die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel hat. Pro Kategorie durften zwei Optionen ausgewählt werden.

Die Auswertungen zeigten, dass alle Gruppen Digitalisierung als besonders zielführend für eine klimafreundliche Mobilitätswende empfunden haben. Andere Aspekte, die vom Großteil der Anwesenden ausgewählt wurden, waren der Ausbau der Fahrradfreundlichkeit und die Subventionierung des ÖPNV. Obwohl diese Szenarien im Vergleich zum Business-As-Usual-Fall (also ein Fortgang der aktuellen Trends) eine bessere Klimabilanzen zeigen, so erreicht keines die EU-Klimaziele bis 2030. Daraufhin wird diskutiert, welche weiteren Entwicklungen betrachtet werden sollten.

Die Veranstaltungsteilnehmer*innen sind sich einig, dass sie mehr Mitspracherecht in Sachen Mobilitätswende wollen. Derzeitig würde der politische Willen fehlen, tatsächlich dort anzusetzen, wo es notwendig sei. Eine der größten Herausforderungen der Mobilitätswende sei ein „Mindshift“: Wie erreicht man eine Verhaltensänderung der Bürger*innen? Diesen Hinweis nimmt GCF in zukünftige Forschungsarbeit mit und bedankt sich bei den Expert*innen und allen Teilnehmer*innen für den interessanten Austausch, die lebhaften Diskussionen und die eingebrachten Ideen.